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Forschung im Schulbau

Forschung über den Einfluss der baulichen Struktur und der Gestaltung auf den Ablauf des Schulalltags und auf die Motivation der Schüler und Lehrer in all seinen Facetten ist auch nach dem so genannten PISA-Schock ein Stiefkind der Bildungsforschung geblieben. Dabei gilt dies für beide beteiligten Professionen. So wird der Raum in der pädagogischen Forschung kaum als eigenständiger Faktor des Bildungsalltags gesehen. Auf der Seite der Architekten wiederum wird nur in seltenen Fällen darüber reflektiert, welche Anforderungen an die räumliche Gestaltung sich verändernde Schulformen stellen. Bestenfalls werden Beispiele von guten Schulbauten veröffentlicht und mit allgemeinen Tendenzen hinterlegt. Die Beschäftigung mit Funktionalität und Ästhetik bleiben trotz aller Beschwörungen zum "3. Pädagogen" sehr allgemein. Es gibt bemerkenswerte Ausnahmen wie die Untersuchungen von Buddensiek, der allerdings das Heil der neuen Schule in 6-eckigen Schulbaukonfigurationen sieht, als Pendant zur Form der Trapeztische. So wohltuend präzise diese Beschreibungen sind, so wenig befriedigen sie mit ausschließlich funktionalen und formalen Überlegungen und einer allzu eng an einem Formmodul angekoppelten Lösungsdoktrin.

Das Auffälligste allerdings bei der Betrachtung der Forschungslandschaft ist, dass nicht einmal das Naheliegende gemacht wird, nämlich neu erstellte Schulen nach einer mehrjährigen An- und Eingewöhnungszeit einer Überprüfung auf die Ergebnisse zu unterziehen. Dabei könnten gleichermaßen Mängel und Unverträglichkeiten mit der schulischen Praxis ebenso erfasst (und möglicherweise auch abgestellt) werden, wie positive Lösungen erkannt und dem allgemeinen Wissen zugeführt werden. Wenn dann die Ergebnisse einer solchen Evaluation noch mit denen anderer Evaluationen von Schulbauten verglichen und zusammengefasst würden, entstünde nach und nach ein großer Fundus an Forschungsergebnissen, die für vertiefende Untersuchungen genutzt werden könnten.

Das, was bei der genannten Arbeit von Engel/Dahlmann als ein weiteres, sehr Naheliegendes unternommen wurde, nämlich die Nutzer einzubeziehen, ist u. E. der zweite vordringliche Schwerpunkt für die Verstärkung der Forschungsbemühungen, nämlich die Schüler und Lehrer gleichermaßen in das Zentrum der Forschung und des Entwurfprozesses zu stellen. Dabei ist nicht nur an eine Nutzerbefragung gedacht, sondern an drei parallele Partizipationsstränge:

  1. die Befragung und Beobachtung der Nutzer
  2. die Initiierung eines Nutzerbeteiligungsverfahrens und
  3. das Ingangsetzen eines gemeinsamen Lernprozesses von Nutzern und Planern, in dem zusammen Wege zu veränderten Lernformen entwickelt, planerisch umgesetzt und nach der Erstellung in der schulische Praxis erprobt werden.

Solche Partizipationsformen hat es bereits in Ausnahmen gegeben und haben erstaunliche Ergebnisse gebracht. Was hier noch zusätzlich beabsichtigt wird, solche Verfahren wissenschaftlich zu begleiten, zu dokumentieren und wissenschaftlich auszuwerten, damit andere Vorhaben von bereits abgeschlossenen Projekten profitieren können. Zudem wäre eine solche Prozessanalyse eine ausgezeichnete Grundlage für eine spätere Evaluation.

In einer Zeit, in der die Schullandschaft im Wandel begriffen ist und neue Lernformen entwickelt werden müssen, die ihrerseits wieder neue Anforderungen an die räumlichen Angebote in der Schule stellen, in einer solchen Zeit nicht intensiv zu forschen und zu überprüfen, und möglichst viele an diesem Prozess Beteiligte aktiv in den Erkenntnisprozess einzubeziehen, das erscheint uns mehr als fahrlässig. Ebenso fahrlässig wie der Glaube, der Architekt sei per se in der Lage, die Anforderungen zu erkennen, gestalterisch und entwurflich umzusetzen und alleine zu einem optimalen Ergebnis zu kommen, und das Ganze möglichst noch in einem zeitlich eng begrenzten Wettbewerbsverfahren. Gerade der gute Planer, der seine eigenen Fähigkeiten präzise einschätzen kann, wird zusätzliche Informationen ebenso wie Kooperanten schätzen, die ihm den Teil der Entwurfsgrundlagen verstehen helfen, die er stets nur ansatzweise kennen kann, die pädagogische Praxis.

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